
Cannabis-Freigabe das falsche Signal
Geplant war das Gespräch schon länger, doch Corona machte einen Strich durch die Rechnung. So nutzten jetzt Mitglieder der CDU-Kreistagsfraktion, darunter Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Irmer, Kreistagsvorsitzender Johannes Volkmann, die Kreisbeigeordneten Ronald Döpp und Eberhard Horne sowie die Abgeordneten Heike Ahrens-Dietz, Nicole Petersen und Lisa Schäfer, die Gelegenheit, um sich vom Leiter des Diakonischen Werkes an der Dill, Karl Müßener, und seinem engagierten Team über den Stand der Beratungen informieren zu lassen.
Drei Säulen der Beratung gebe es. Das sei einmal der Bereich Familien- und Sozialberatung, der Bereich Hilfe für psychisch kranke Menschen und der Bereich Hilfe für Menschen mit Suchtmittelmissbrauch.
Im Bereich der Familien- und Sozialberatung würden ca. 200 Personen pro Jahr in unterschiedlicher Intensität beraten. Ein deutlicher Anstieg in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr. Die Gründe, warum man die Sozialberatungsstelle aufsuche, seien sehr vielfältig. Finanz-, Existenzprobleme, Hilfe bei Antragstellungen, psychosomatische und familiäre Probleme, Scheidungsfolgen, Schulden, Wohnungssuche, ein zunehmend großes Problem im Kreis, aber auch Arbeitsplatzsuche. Zu diesem Bereich gehöre auch die Schwangerenberatung, die über 200 Frauen während der Schwangerschaft und darüber hinaus berät. Hinzu kämen etwa 60 bis 70 Konfliktberatungen. Manche Fragen, die man vor Ort gar nicht beantworten könne, leite man an die zuständigen Stellen weiter, so zum Beispiel an die Stelle gegen Energiearmut, die vom Land finanziert werde.
Neu im Angebot der sogenannte Respekt-Coach, der derzeit an der Gewerblichen Berufsschule in Dillenburg mit Erfolg eingesetzt sei. Es sei bedauerlich, so Irmer, dass es heute partiell zumindest nötig sei, Respekt-Coaches einzusetzen, deren Aufgaben in früheren Jahren Elternhäuser und Schulkollegien als elementarer Bestandteil der Erziehung erledigt hätten. Es sei zu begrüßen, dass man verstärktes Augenmerk lege auf Bekämpfung religiösen Fanatismus und des politischen Extremismus. Hier müsse man immer wieder deutlich machen, dass Toleranz die Grundlage eines friedlichen gesellschaftlichen Miteinanders sei. Für die Union gehöre auch die Vermittlung von sogenannten Sekundärtugenden dazu, denn auch daran hapere es mittlerweile zunehmend.
Im Bereich der zweiten Säule biete man seit geraumer Zeit Tagesstätten an, um Menschen Halt und Orientierung zu geben, außerdem Betreutes Wohnen für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Das gelte im Übrigen auch für die dritte Säule, Betreutes Wohnen für Menschen mit Suchtmittelmissbrauch. Man versuche, Menschen berufsbegleitend an die Hand zu nehmen, um sie zu stärken und ihnen in Form offener Treffs zu helfen, denn psychisch krank werden könne jeder, sei es beruflicher Misserfolg, der Tod eines Partners, eine schwere Erkrankung und anderes mehr. Von daher sei es wichtig, gerade diesen Menschen, die häufig auch nur zeitweise psychisch krank seien, zu helfen und sie fit für die Zukunft zu machen.
Das Gleiche gelte im Prinzip auch für alle Fragen rund um den Suchtmittelmissbrauch. Hier betreue man rund 350 bis 400 Betroffene, teilweise inklusive der Angehörigen. Man kooperiere intensiv mit der Suchtklinik Eschenburg sowie der Vitos-Klinik in Herborn und versuche auch hier, Menschen, die alkoholmäßig gesehen trocken werden wollen, Stabilität zu geben oder auch denen Kraft zu geben, die von anderen Drogen loskommen möchten.
In diesem Kontext, so Müßener, sei man entschieden dagegen, Cannabis als vermeintlich leichte Droge freizugeben, so wie es derzeit in der Berliner Politik diskutiert werde. Es sei ein völlig falsches Zeichen. Man könne den Verantwortlichen nur empfehlen, einmal an Beratungsgesprächen teilzunehmen. Eine Auffassung, die die CDU uneingeschränkt teile, so Irmer.
Die Probleme, so die überaus engagierten und sachkundigen Gesprächspartner der Union, würden eher steigen als sinken. Es gebe für das Betreute Wohnen heute bereits eine Warteliste, obwohl man 40 Plätze zur Verfügung habe. Es stünden zu wenig Ärzte zur Verfügung, gerade auch im Bereich der Psychotherapeuten, deren Zahl von der Kassenärztlichen Vereinigung bedauerlicherweise gedeckelt werde. Die Wohnungsnot werde einerseits durch Zuzug zunehmen, andererseits durch eine Reduzierung der Bautätigkeit, denn die Probleme am Bau würden sich abzeichnen.
Ein großartiges Gespräch, für das sich die CDU ausdrücklich bedankte. Eine Fortsetzung ist geplant.
Hans-Jürgen Irmer, Fraktionsvorsitzender